Lateinische Sprachrelikte
im bayerischen Dialekt

Ortsnamen

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  • Die -zell-Orte des Bistums Eichstätt
  • Quelle Dr. M. Bacherler HSB 50 1935: cella, zell ist die mittelalterliche Bezeichnung für den klösterlichen Fronhof, der von einem unfreien weltlichen Dienstmann, von einem ritterlichen Hofmeister oder Meier verwaltet wurde. Ist das Bestimmungswort zu einem On auf -zell ein Pn, so bezeichnet es den Verwalter des Klostergutes. - Das Bistum Eichstätt weist 27 zell-Orte auf. Davon ist nur Wachenzell (Pfk. S. Joh. B.) alte Pfarrei; Spätpfarreien sind Zell b. Heideck (seit 1480, Patr. SS. Walburga) und Rauenzell (seit 1452, Pfk. BMV), 6 Kirchdörfer (Echen-, Rappers-, Walkers-, 2 Wasserzell, Zell a. d. Speck), 5 Dörfer (Atten-, Ober-, Neu-, Workers- und Hundszell b. Ingolstadt, letzteres seit 1934 Kd.), 1 Einöde (Hundszell b. Thalmässing), 12 sind abgegangen (Burg-, Birken-, Nieder-, Wissen-, Alten-, Richolfs-, Diepolts-, Gaiße-, Wicken-, Koppenzell, Zell b. Ingolstadt, - Zell b. Gundelsheim-Rehau). Unter den 27 -zell befindet sich also nur ein einziger alter Pfarrort, dagegen bildet etwa die Hälfte (13) ganz kleine Siedlungen, die fast alle (12) wieder abgegangen sind, so daß der Prozentsatz der Wüstungen bei den zell sehr groß ist. - Von den 27 On auf -zell enthalten 13 einen Pn, 10 einen Gattungsnamen als Bestimmungswort, während bei 4 ein Bestimmungswort fehlt.
    Die Hälfte der zell-Orte liegt noch im Tale, die Hälfte hat bereits die Hochfläche aufgesucht, ein Zeichen dafür, daß zur Zeit ihrer Entstehung der Talraum schon stark besiedelt war. Besondere Beachtung verdient die Verteilung der zell-Orte über den Raum der Diözese. Der ganze Norden und Osten des- Bistums (Teilgeb. III, IV) ist völlig frei von -zell, obwohl dort eine Reihe von Klöstern sich befanden wie Plankstetten (gegr. 1138), Kastl (gegr. 1098), Seligenporten (gegr. 1242) und Gnadenberg (gegr. 1436). Die im Hoch- und Spätmittelalter entstandenen Klöster unseres Gebietes haben also keine zell-Orte mehr gegründet. Die zell-Siedlungen des Eichstätter Bistums liegen fast alle in der Nähe des Bischofssitzes oder nahe bei frühmittelalterlichen Benediktinerklöstern, die bald nach der Christianisierung entstanden sind. Daher findet man die meisten zell-Orte der Diözese beiderseits der Altmühl zwischen Eichstätt, dem Sitz des Domstiftes und des Klosters S. Walburg, und Beilngries, in dessen Nähe 895 in Kirchanhausen ein Kloster erstanden war, nämlich links der Altmühl Workers-, *Wicken-, *Koppen-, Wachen-, Rapperszell, rechts der Altmühl Wasser-, *Richolfs-, *Gaiße-, *Diepolts-, *Alten-, Neu-, Ober-, *Nieder-, *Wissen-, Atten-, Echenzell (l6). Das bei Gundelsheim-Rehau abgegangene *Zell lag nahe bei Monheim, wo in der 2. Hälfte des 9. Jh. ein Benediktinerinnenkloster bestand, Zella. d. Speck bei der 976 gestifteten Frauenabtei des Benediktinerordens Bergen, Rauenzell bei Herrieden, das um 771 Kloster, seit 888 Kollegiatstift S. Viti war, Wasserzell a. d. Fränkischen Rezat bei Spalt, wo 810 ein zu S. Emmeram gehöriges Kloster S. Salvatoris bezeugt ist, das 1037 in ein adeliges Chorherrnstift umgewandelt wurde. Für Zell bei Heideck weist das Kirchenpatrozinium S. Walburg nach Eichstätt. Walkerszell liegt nahe bei der ehemaligen Männerabtei des Benediktinerordens Wülzburg, deren Gründungszeit freilich umstritten ist; während sie früher in die Zeit Karls d. Gr. verlegt wurde, teilt sie Suttner (im Pastoralblatt XXIV [1877] 144 ff.) dem 11. Jh. zu. - Nicht bei alten Klöstern und nicht in der Nähe des Bischofssitzes liegen Hundszell b. Thalmässing (die nahe Propstei Kleinhöbing wurde erst 1413 gegründet) und die zell-Orte bei Ingolstadt (* Burg-, *Birken- und Hundszell).
    Die Beifügung "Kirch-" unterscheidet Ortschaften mit einer Kirche von gleichnamigen ohne Kirche; gewöhnlich ist der Beisatz "Kirch" erst später zugefügt wqrden und den alten urkundlichen Formen noch unbekannt. Aus der Diözese Eichstätt sind hier zu verzeichnen Pfd. Kirchanhausen bei Beilngries (895 Hei, 81 Ahhusa) gegenüber "Badanhausen", Pfd. Kirchbuch (c. 1060 Gund. Puoch, 1301 , Kirchpuech) gegenüber Aschbuch, *Ettenbuch und Buch, Kd. Kirchenreinbach (Pf. Etzelwang) 1009 Foe, Runbach (rune = Rinne) gegen Ober-, Mittelreinbach, Kircheneidenfeld (Pf. Lutzmannstein) gegen Judeneidenfeld, Kirchenwinn Pf. Oberweiling (vielleicht identisch mit dem im test. Castel. von 1325 genannten Arnoldswinden) gegen Breiten-, Krumpen-, Reicherts-, Walkertswinn. Die Beispiele von Kirchanhausen, Kirchbuch und Kirchenreinbach lassen den Schluß zu, daß diese Orte mit dem Beisatz "Kirch" älter sind als ihre gleichnamigen Nachbarn. - Als Bestimmungswort gehörte "Kirch" von Anfang an, zum Ortsnamen bei Kerkhofen Kd. Pf. Sulzbürg (IIIA, Sammelblatt 47, 1932, 2) und *Kirstetten abgeg. bei Pavelsbach (vielleicht identisch mit St. Cäcilia).
    Die zell-Orte sind Schöpfungen der Kirche und gehören schon deshalb nicht zur ältesten Namenschicht. Das Eichstätter Domstift entstand um die Mitte des 8. Jh., die meisten alten Klöster des Gebietes in der 2. Hälfte des 9. Jh. Die zell-Orte können daher frühestens im 10. Jh. entstanden sein; viele werden erst dem 11. Jh. angehören.
  • Falls diese Orte in der Nähe von Römerstrassen liegen, könnte auch Tessella (Tsella) = gepflasterete Römerstrasse in Frage kommen. Wahrscheinlicher ist ein Kombination ? + Locellus = kleiner Ort.