Lateinische Sprachrelikte im bayerischen Dialekt

Latein

Ur-Bayerisch ist keine Variante der deutschen Sprache, sondern Latein.

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Professor Wilfried Stroh kämpft für einen lebendigen Umgang mit dem Lateinischen. Vom Zauber der lateinischen Sprache

  • Professor Wilfried Stroh alias Valahfridus wirbt mit Witz und Energie für lebendiges Latein
    Er nennt sich Valahfridus, und er lebt (für) die Lateinische Sprache. Aufgewachsen als Sohn eines evangelischen Pfarrers, der ebenfalls begeisterter Lateiner war, wurde Wilfried Stroh, Professor für Lateinische Philologie, die Liebe für die Sprache der Latiner sozusagen in die Wiege gelegt. So richtig selbst Feuer gefangen, hat er aber erst während seines Studiums. Eigentlich studierte er ja Griechisch, Latein war zunächst "nur ein Nebenprodukt".
    Zauber des Lateinischen Mittlerweile ist der Professor der Klassischen Philologie seit mehr als fünf Jahren emeritiert, was ihn aber nicht davon abhält, sich weiter mit seiner Passion zu beschäftigen. Auch als Emeritus am Institut für Klassische Philologie der Ludwig-Maximilians-Universität München spricht er weiter Latein mit seinen Studenten, denn Stroh, der sich den lateinischen Namen Valahfridus zugelegt hat, liegt ganz besonders das gesprochene Latein am Herzen. So wird im wöchentlich stattfindenden "Colloquium Latinum" an der Uni München ein lateinischer Text besprochen - und zwar ausschließlich in lateinischer Sprache. Seit 1984 ist er Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins Soldalitas Ludis Latinis faciundis, eines Vereins, der Lateinische Theaterstücke und Konzerte organisiert. Da sich Professor Stroh für antike Rhetorik begeistert, ist Cicero einer seiner Lieblingsschriftsteller. Einst war es Ovid, der den jungen Studenten für Latein einnahm, weshalb er sich der erotischen Literatur des Ovid ebenfalls intensiv widmete. Seine Forschungsschwerpunkte stellten daher die Rhetorische Schriften Ciceros sowie Ovids Liebesdichtung dar. Außerdem gilt Stroh als Experte für den Jesuiten Jakob Balde, den "deutschen Horaz", einen Dichter der Barockzeit. Und weil der Philologe auch mit der Zeit geht, ist unter YouTube unter dem Stichwort "antike Deklamation" das Video einer römischen Gerichtsverhandlung zu finden, die er allerdings auf Deutsch übersetzt hat.
    Und wenn ihm noch Zeit übrig bleibt, dann hält Valahfridus hochinteressante und vor allem mitreißende Vorträge, unter anderem über den "Zauber des Lateinischen". Den erklärt er damit, dass die Römer das einzige Volk waren, dem es gelang, die griechische Kultur in die eigene Sprache umzusetzen und zu neuer Blüte zu führen, ja die alten Griechen dabei sogar noch zu übertrumpfen.
    Weinrotes Jackett, feuerrotes Hemd und kunterbunt gemusterte Krawatte - so betritt er die Bühne und erschlägt seine Zuhörer beinahe mit einem lateinischen Wortfluss, in den er munter Englische Brocken einstreut. So kommentiert er seine lateinische Grußformel mit "Semper Ladies first". Die Damen immer zuerst.
    Was ihn aber nicht davon abhalten wird, die Machos unter seinen Zuhörern mit Bemerkungen über die Gattin des Retters der Deutschen auf seine Seite zu ziehen. "Den kennen Sie nicht? Hermann, den Cherusker?" fragt er empört, "was sind Sie denn für Patrioten?" In deutscher Sprache, so stellt Stroh alias Valahfridus klar, auf Deutsch könnte sich heute niemand mehr mit Arminius unterhalten, "wenn der jetzt mit seiner Frau am Arm, der Thusnelda, von der alle Tussis ihren Namen haben, hereinspaziert käme". Bestens aber könnten sich alle die des Lateinischen mächtig sind, in lateinischer Sprache mit dem fließend Latein sprechenden Helden über die Schlacht am Teutoburger Wald austauschen. Womit Stroh den Unterschied der lebendigen Sprache Deutsch zum vermeintlich toten Latein eindrucksvoll veranschaulicht.
    Latein hat den eigenen Tod überlebt Auch ein Exkurs ins Vulgärlateinische sorgt für Heiterkeit. Valahfridus erzählt vom Missionar Bonifatius, der über die mangelnden Grammatikkenntnisse mancher Pfarrer entsetzt war und beim Papst anfragte, ob denn eine Taufe "in nomine patria et filia" überha gültig sei? Der Papst nahm es stoisch: Getauft ist getauft, Grammatik ist nicht wichtig", soll er geantwortet haben.
    Ein Blick in die Zeitung offenbart noch h te den Nutzen der alten Sprache, denn in mancher drei lateinstämmige Fremdwörter einer Überschrift begegnen, von der Regien über die Opposition bis zum Minister. A auch Computerfreaks kommen an Latein nicht vorbei, ob sie nun formatieren oder fragmentieren.
    "Latein ist die Sprache, die den eigenen Tod überlebt hat", sagt Stroh, und das sogar glech fünfmal. Das ist eine seiner Thesen, die nie unbedingt die Zustimmung seiner Berufskolegen findet. Die vielen Tode, die Latein gestorben sein soll, werden ebenso kritisiert wie seine These, Äneas sei Türke gewesen. Die Tüken übrigens, die brachten Latein lediglich Todesgefahr, aus der die Göttin Juno ihre Lieblingssprache gerettet haben soll. Und Änea blieb trotzdem in Rom...
    Den ersten Tod, so Stroh, starb Latein, als die Hochsprache der klassischen Dichter aufhörte, sich weiter zu entwickeln - weshalb die Klassiker heute noch im Original lesbar seien - im Gegensatz zum Nibelungenlied. Als während der Völkerwanderung die Grammatikschulen starben, entstanden kurzer Zeit rund 20 romanische Sprachen, Latein verschwand, bis Kaiser Karl der Große mit einer Bildungsreform anno 789 den Lateinunterricht wieder einführte. Sein Motiv? Der Kaiser brauchte in seinem vielsprachigen Reich eine neutrale Sprache, die alle verstehen konnten und die keinen beleidig weil sie niemandem als Muttersprache diente. Weiterentwickelt hat sich Latein dennoch wenn auch in Maßen. Neu sind beispielsweiße Clusüra tractilis, Computatum und Perspicilum - Reißverschluss, Computer und Brille kannte Cicero wohl noch nicht. Andrea Hammerl