-
Wenn man im Friedhof an alten Grabsteinen die Inschriften liest, sieht man an vielen Steinen nicht nur Namen und Lebensdaten, sondern auch die Berufsbezeichnungen. Häufig ist die Berufsbezeichnung des Mannes sogar auf die Frau übergegangen, die dann als Oberlokomotivführerswitwe oder als Gefängniswärterswitwe, als Magistratsaktuarsgattin oder Landgerichtsbotenswitwe verewigt wurde. Der Volksmund hat auf derlei Berufsbezeichnungen auf seine Weise reagiert und die Gewerbenamen zum Bestandteil des Namens gemacht, natürlich mit entsprechender mundartlicher Klangfarbe. Da gab es im alten Eichstätt nicht nur den Kasara-Graf und den Möhlber-Kelz (gesprochen: "Köz"), den Noudler-Müller, den Wachszeicha-Müller und den Zigarrn-Müller, den Essich-Mayer, den Soola (Seiler) Schiotter und den Houtara (Hutmacher) Dörr. Manchmal waren die Unterscheidungskriterien auch weniger schmeichelhaft, wenn etwa vom Rotzglockn Metzger oder vom Dotschn-Beck die Rede war, und jeder wusste, wer gemeint war.
Die Kundschaft pflegte aber auch noch nach anderen Merkmalen zu unterscheiden, wenn es um die Geschäfte ging. Man achtete darauf, ob einer "a taiara Krama" war, der Preise hatte "wei in ara Apadegn", ob "oina koi Gramm zvüll aaf d Wouch toud" und ob "oina a Pfenningfuchsa" war. Aber auch die Geschäftsinhaber kannten ihre "Zwiderwurzn" und so manches "oide Gnack", das am liebsten alles "umasunschd mechad". Andererseits war es geschätzt, wenn die Kinder, die die Mama beim Einkaufen begleiteten, beim Metzer "a Scheiwala Wurschd" oder "a Ralla Wurschd" geschenkt bekamen, oder beim Kolonialwarenhändler aus dem großen Bonbonglas "a Guatsala" herausnehmen durften. Oder ob man gar beim Bäcker eine Breze überreicht bekam, eine etwas misslungene, einen "Backofakrüppe" halt, der sowieso nicht mehr hätte verkauft werden können.
Während heute der Zug zum Großen geht, zu riesigen Verkaufsflächen und unübersehbaren Warenangeboten, war man früher gerade von den idyllisch kleinen Geschäften mit Schublädchen und Ballonflaschen, Schachteln und großen Behältern, aus denen man offen Essiggurken und Sauerkraut kaufen konnte, aus denen in kleinen Portionen Essig, Öl, Rum oder Wein entnommen wurde. Diese lose verkauften Sachen wurden dann in Gickle oder Guckn (Spitztüten), Stranitzen oder Rogel verpackt, und für das Sauerkraut etwa brachte man von zu Hause gleich den "Krauthofa" mit, für den Senf ein "Kachala" aus Porzellan.
Die Kundschaft ihrerseits legte Wert auf freundliche Bedienung und schickliche Umgangsformen der "Lodnarinna". Die Verkäuferinnen wiederum bemühten sich in höflicher Konversation mit Kundinnen um eine gehobene Sprache, das konnte sich dann etwa so anhören: "Sie, gnädige Frau Oberinspektor, heinte täten mir einen sehr schönen Saukopf haben, der Ihnen seinen Mann, dem Herrn Oberinspektor, sicher gut schmecken tät."
Zu den originellen Leuten, die früher immer wieder einmal in den Häusern auftauchten, gehörten die Hausierer, die zwar nicht sehr geschätzt waren, weil sie im Grunde genommen lauter überflüssiges Zeug dabei hatten, aber sie konnten interessant erzählen und beeindruckten einen vor allem damit, was sie alles in ihrer "Kraxn" oder in großen Koffern mit sich herumschleppten. Und weil sie immer prall gefüllt waren, hatte man den Eindruck, dass sie nie etwas an den Mann brachten. Vom Verkaufserfolg als ambulante Gewerbetreibende scheinen sie auch nicht allein gelebt zu haben. Sie betätigten sich nämlich auch als Schmuser; in diesem Geschäft vermittelten sie Partnerinnen umd Partner zum Heiraten ebenso wie Häuser und Grundstücke, die zum Verkauf standen, oder Vieh und Landesprodukte. Vielleicht sind als Gegenreaktion zu den empfehlenden und anpreisenden Sprüchen der Schmuser, die unbedingt Heiratskandidatinnen an den Mann bringen oder Junggesellen zu einer Frau verhelfen wollten, Neckverse wie diese entstanden: "Pfahldorfer Schweizer, neine (neun) um an Kreiza, neine um an Taubndreck, san des net wert." Ein anderer Vers aus unserer Gegend lautet: "Da Moia vo Odlschlouch houd's meischde Föld, da Moia vo Lannadshofa houd's meischde Göld, da Moia vo Walting houd's meischde Holz, da Moia vo Gumbeding houd an meischdn Schdolz." Noch ein paar andere Beispiele: "Zandt und Bitz san zu nix nütz. Bitz und Zandt san bekannt. Oder: A Wei vo Zandt und a Kouh von Bitz san alle zwoi zu nix nütz." Und: "Vo Zandt a Wei und vo Kasing a Kouh, der Mo houd Plouch gnou."
Wenn man in einem etwa hundert Jahre alten Eichstätter Adressbuch blättert, so findet man hinter manchen Namen Berufsbezeichnungen, die den mundartlichen Klang geradezu ins Ohr projizieren; hier seien sie einmal des besseren Verständnisses ständnisses wegen hochdeutsch aufgeführt. Man könnte sie ja als Hausaufgabe für sich privat ins "Eichstätterische" übersetzen: königlicher Landgerichtsbote, Bezirksamtsdiener, Gerichtsschreibersgehilfe, Bauamtsaktuar, Stiftungsdiener, Materialist, Oberkondukteurswitwe, Knochen- und Lumpenhändler, Zündholzfabrikant, Dampfsägenbesitzer oder Stadtkarrer. Schließlich sei noch daran erinnert, dass man die Fahrradhändlerin Wilhelmine Kolbrand, die am Domplatz zwischen "Krone" und Domcafe ihr Geschäft hatte, die "Freilauf-Mina" nannte, und dass man von einem Paar, das gar nicht recht zusammenpasste, einst sagte: "Dei zwoi kumma daher wei an Schdadtkarrer sei Gschpann." Der Hintergrund dieses geflügelten Wortes ist der: Der Stadtkarrer-Vere spannte manchmal, wenn gerade kein zweites Pferd zur Verfügung stand, einen Gaul und einen Ochsen vor den Wagen, mit dem er die städtische Schutt- und Müllabfuhr erledigte.
Was bedeutet das Wort Moillaschmecka? (EK) Heute wollen wir in unserem Quiz wissen, was der Mundartausdruck "Moillaschmecka" bedeutet.