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Kipfenberg/Sandersdorf (EK) Um das Bewusstsein für die Bedeutung des Unesco-Welterbes Limes zu vertiefen, hatten Altmühl-Jura und Landesamt für Denkmalpflege Vorträge organisiert. Kipfenbergs Bürgermeister Christian Wagner sprach vom Limes als Gemeinschaftsaufgabe und Privileg zugleich.
Die Reihe startete im Römer- und Bajuwaren-Museum auf der Burg Kipfenberg. Dass dies der geeignete Ort war, stellte Wagner bei der Begrüßung der mehr als 60 Besucher klar: "Die Kipfenberger sind seit annähernd 2000 Jahren Grenzgänger am Limes." Die Entstehung dieser Grenze strahle bis heute eine hohe Faszination aus. Den Auftakt machte Dr. Markus Gschwind, der neue Limeskoordinator des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege (BLfD), mit dem Titel "Nur 550 Kilometer. Der Obergermanisch-Raetische Limes und die Grenzsicherung des Römischen Reiches".
Kreisheimatpfleger Dr. Karl Heinz Rieder stellte Gschwind als "klassischen Provinzialrömer" vor. Der promovierte Archäologe hatte während seiner Studienjahre die Heimat verlassen, denn die "Grenzen des Römischen Reiches" umfassen weit mehr als die 550 Kilometer Limes vom Rhein bis an die Donau. Nach der Exkursion mit Landeskonservator Professor Dr. Sebastian Sommer, bei der der Blick konkret auf den Limesabschnitt zwischen Pfahldorf und Böhming gerichtet war, lenkte Gschwind nun den Blick auf das gesamte Grenzsystem der Römer, das im zweiten Jahrhundert nach Christus seine größte Ausdehnung erreichte.
In seinem Vortrag nahm Gschwind die Zuhörer mit auf eine Reise durch 22 Länder und drei Kontinente, in denen noch Spuren der "Grenzen des Römischen Reiches" zu erkennen sind. Die Außengrenze des Imperium Romanum erstreckte sich in dieser Zeit über circa 6000 Kilometer in Europa, dem Nahen Osten und Nordafrika. Dabei stellt der Limes in Obergermanien und Raetien als linear gebaute Landgrenze zusammen mit dem Hadrianswall in England und dem Antoniuswall in Schottland die Ausnahme dar, schilderte Gschwind. Die Regel war in Mitteleuropa die Flussgrenze und in Asien und Nordafrika eine durch Kastelle und Straßen kontrollierte Grenzzone am Rand der Wüste.
Trotz dieser Unterschiede gibt es viele verbindende Elemente, die die Forscher bei Funden in allen römischen Grenzprovinzen vorfinden. Neu eroberte Gebiete mussten zügig an das Fernhandelsnetz der mediterranen Welt angeschlossen werden, ein weitläufiges Straßennetz entstand. Darauf lassen Funde wie hochwertiges Tafelgeschirr, campanische Weinamphoren, Buntglas oder Schmuck aus Italien in den verschiedenen Provinzen zwischen Syrien und dem Atlantik schließen. So konnten die Römer fern der Heimat ihre römische Lebensart beibehalten. Auch die Architektur der Türme und Kastelle war in allen Grenzprovinzen sehr ähnlich. "Ausgehend von den Funden in Libyen konnten wir das Kastell in Eining rekonstruieren", berichtete Gschwind. Belegen konnte er dies mit zahlreichen Bildern.
Kreisheimatpfleger Rieder sprach am Ende von einer "Architekturgeschichte aus einem Guss". Er dankte dem neuen Limeskoordinator für die vielfältigen Einsichten ebenso wie der Tittinger Bürgermeister Andreas Brigl, stellvertretender Vorsitzender von Altmühl-Jura. Brigl sah die Erläuterungen "als Verpflichtung der Bürgermeister, sich weiterhin gemeinsam für den Erhalt des Bodendenkmals einzusetzen".
Im zweiten Vortrag nahm Professor Dr. Wolfgang Czysz die Zuhörer mit in das Limes-Hinterland und berichtete über das Leben und Arbeiten der Menschen zur damaligen Zeit (wir berichteten bereits).
Die Vortragsreihe endete vergangene Woche mit dem Vortrag von Dr. Bernd Steidl in der Schlosskapelle von Sandersdorf (Markt Altmannstein). Auch in Altmannstein habe der Limes auf einer Länge von etwa 17 Kilometern seine Spuren hinterlassen, sagte Bürgermeister Norbert Hummel in der Begrüßung der über 70 interessierten Bürger aus der Region.
Zwischen Schamhaupten und Sandersdorf quert der Limes das Schambachtal. Auch wenn das Schloss Sandersdorf auf dem Gebiet liegt, das einst die Römer beherrscht hatten, so richtete Steidl, stellvertretender Direktor der Archäologischen Staatssammlung in München, seinen Blick diesmal auf die Germanen im Vorfeld des Limes, also "jenseits des Zauns". Der Blick über den Zaun hatte sich gelohnt. Denn "in diesem Bereich herrschte völlige Fundlehre", offenbarte Steidl. Erste Siedlungsfunde liegen in den Regionen Haßberge, Tauber, Maindreieck und in der Windsheimer Bucht, wie der Experte mitteilte. Sie lassen Steidl zufolge darauf schließen, dass die Germanen eine vergleichsweise bequeme Lebensweise pflegten. Lebensgrundlage bildete die Landwirtschaft als Subsistenzwirtschaft zur Selbstversorgung, während die Römer bereits eine Produktion zur "Gewinnmaximierung" sowohl im Handwerk als auch in der Landwirtschaft betrieben. Funde weisen darauf hin, dass die Germanen gerade so viel Aufwand betrieben, um die Ernährung bis zur nächsten Ernte zu sichern. Trotz 150-jähriger Nachbarschaft und durchaus bestehender Kontakte mit den Römern veränderten sie ihre Lebensweise nicht.
Kindings Bürgermeisterin Rita Böhm, stellvertretende Landrätin, dankte dem Archäologen für seinen faszinierenden Vortrag. Besonders beeindruckte sie, wie aus den archäologischen Funden diese Erkenntnisse abgeleitet werden. Ihr Dank galt auch Oberforstdirektor Dr. Harald Textor vom Wittelsbacher Ausgleichsfonds, der die historische Kapelle aus dem zwölften Jahrhundert für den Vortrag zur Verfügung gestellt hatte.
Von Sabine Lund
- Germania: Haberstroh studierte bei Walter Sage am Lehrstuhl für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit an der Universität Bamberg. Anfang 1994 wurde er mit einer Dissertation zum Thema "Germanische Funde der Kaiser- und Völkerwanderungszeit aus Oberfranken" promoviert.