- Textauszug Ortsnamenlexikon Weißenburg, Zitat: Im Mittelalter wurde eine Burg erbaut, die Vizinburg aus weißem Stein, und viz bedeutet weiß. Zitat Ende.
Boari-These: stammt der Ortsnamen von vicus = Dorf, Gaß in einer Stadt, Häuserreihe und burgensis = Bürger, entwickelt haben. Das römische Kastell von Weißenburg lag ja direkt daneben.
- Lexikon bayer. Ortsnamen, Beilngries: Eine Urkunde von 1007 nennt ... locum Bilingriez dictum in pago Nordgaue (einen Ort, "Billingriez" genannt im Nordgau). Weitere Belege sind 1053 Pilingriez, 1129 Beylngries, 1188 Pilengriez, 1208 Bilngriez, 1632 Peilngriß 1799 Beylngries ... Grundwort des Namens ist althochdeutsch grioz "Kies, Sand", Bestimmungswort der Personenname Bilo. Der ursprüngliche Flurname bezeichnet wohl eine Stelle, wo feines Geröll angeschwemmt wurde, die wiederum einem Bilo zu eigen war.
- Lexikon bayerischer Ortsnamen: Ebnaht, Pfarrdorf, Lkr. Tirschenreuth, Opf. Der Siedlungsname ist 1179 als Ebenode 1), ca. 1200 als Ebenoet 2), 1277 (Kopie des 17. Jh.) als Ebenoed 4), 1508 als Ebmadt 5), 1550 als Ebenadt 6) bezeugt.
Grundwort des ursprünglichen Flurnamens ist mhd. oede, öde = unbebauter und unbewohnter Grund. 8), Bestimmungswort ist eben, eben, glatt 9).
1) Mon Egrana; 2) Mon Boica; 3) Mon Egranea; 4) Sturm, Kemnath; 8) Lexer, Handwörterbuch; 7) Ebenda;
- Wohl eher von Eben sprich eem wie emeritiert und otio = in Ruhestand. Allesamt "alte Römer"
12 Nr. 6 - 2011 Namensforschung als Lebensaufgabe
Wolf-Armin Freiherr von Reitzenstein erforscht seit fünf Jahrzehnten die Herkunft und Bedeutung von Namen
- Wolf-Armin Freiherr von Reitzenstein erforscht seit fünf Jahrzehnten die Herkunft und Bedeutung von Namen
Jeder kennt das: Man passiert ein Ortsschild, auf dem ein Name geschrieben ist, der uns schmunzeln oder grübeln lässt, wie der Ort wohl zu einem solch merkwürdigen Namen gekommen ist. Aßen die Leute in Schweinersdorf (Lkr. Freisieg) zu früheren Zeiten außerordentlich viel Schweinefleisch, so dass es zu diesem Namen gekommen ist? Wurde im Pfarrdorf Kasing (Lkr. Eichstätt) viel Käse hergestellt? Und was hat das Brot mit der Furt in Brotfurth zu tun? Die Antworten auf all diese Fragen weiß wohl kaum jemand besser als der angesehene Namenforscher Wolf-Am1in Freiherr von Reitzenstein. Seit fünf Jahrzehnten beschäftigt sich der Münchner mit der Herkunft von Orts-, Flur-, Gebirgs- und Gewässernamen, vornehmlich in Bayern, aber auch in ganz Deutschland.
Namenforschung als Berufung
Alles fing damit an, dass Wolf-Armin von Reitzenstein in jungen Jahren häufig mit zwei Freunden auf die Berge ging. Einer seiner Freunde war Apotheker und kannte jede Blume, die am Wegesrand wuchs. Der andere Freund kannte sich sehr gut mit Gesteinsarten aus und erzählte seinen Begleitern so manches über Kalkstein oder Quarz. "Eine Schande, dass ich als Philologe und Historiker nichts dergleichen beitragen kann", dachte sich der Dritte im Bunde, Wolf-Armin von Reitzenstein. Also begann er, sich mit Bergnamen zu beschäftigen, die Bedeutung und Herkunft von Namen wie "Watzmann" oder "Zugspitze" zu erforschen, damit er künftig auch etwas zu den lehrreichen Bergwanderungen mit seinen Freuden beitragen konnte.
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Doch bei seinen Namenforschungen für die Bergwanderungen blieb es nicht. Es entwickelte sich daraus eine Leidenschaft, ja eine Berufung, die Wolf-Armin von Reitzenstein sein ganzes Leben lang begleiten sollte.
Bei zwei Professoren in München und Innsbruck lernte er und informierte sich über Namenkunde. Neben Klassischer Philologie, Geschichte und Germanistik studierte er Ortsnamenkunde an der Universität München und auch
neben seinem Beruf als Gymnasiallehrer beschäftigte sich der heute 70-Jährige in jeder freien Minute mit der Erforschung der Herkunft und Bedeutung von Orts-, Flur-, Bergund Gewässernamen.
Betritt man heute sein Arbeitszimmer in seinem Haus im Münchner Stadtteil Neuhausen, so sieht man zunächst mal nur eines: unzählige Bücher zum Thema Namenforschung, feinsäuberlich sortiert in Wandregalen, die bis unter die Decke reichen. Wird Wolf-Armin von Reitzenstein nach der Bedeutung eines Namens gefragt, so geht er gezielt zu einem der Regale und zieht - ohne suchen zu müssen - das richtige Buch zur Frage heraus. Oder er macht sich an zwei kleinen Kästen mit Schubläden zu schaffen, in denen er sein Allerheiligstes aufbewahrt: Eine Kartei mit etwa 20000 alphabetisch sortierten Ortsnamen, die er über die Jahre selbst anfertigte. Auf jeder Karteikarte stehen handschriftlich durchschnittlich fünf Belege für die Herkunft und die Bedeutung des jeweiligen Namens geschrieben, das macht in Summe etwa 100 000 Ortsnämenbelege, die der Namenforscher im Laufe der Jahrzehnte sammelte und festhielt. "Diese Kartei ist mir sehr wichtig. Wenn es bei uns brennen würde, wäre ihre Rettung das Wichtigste", meint von Reitzenstein.
Ein Blick in die Kartei gibt nur einen kleinen Eindruck davon, wieviel Arbeit hinter der Forschung des Münchners stecken muss. "Die zeitraubendste Arbeit ist die Recherche nach den alten Formen der Namen", erklärt er. "90 Prozent meiner Forschungsarbeitszeit verwende ich auf die Suche nach Belegen." Dafür verbringt er unglaublich viel Zeit in Archiven, wo er über Büchern und Urkunden sitzt und deren Inhalt auf zum Teil nur kleinste Informationen über einen Ortsnamen untersucht. "Manchmal vergehen drei Wochen Recherche, bis ich nur zwei hilfreiche Zeilen in einer Urkund ausfindig gemacht habe", so der Namenforscher. "Das ist dann schon sehr mühsam uni zeitintensiv." Der Lohn für diese aufwändig Arbeit ist dem ehemaligen Lateinlehrer zufolg das "ins primae noctis", das Recht der erste Nacht. "Wenn man einen Namen entdeckt den niemand vorher zur Erklärung gebracht hat, oder man jemanden findet, der erkläre kann, wie ein Name entstanden ist, dann sing das Momente, die mir unheimlich viel Auftrieb geben."
Gespräch mit den Leuten ist wichtig
Einen dieser Momente durfte er zum Beispiel kürzlich bei einem Vortrag in der oben bayerischen Gemeinde Palling erleben. Von Reitzenstein erklärte dort, das ihm der Name des sich ganz in de Nähe befindlichen Orts Pasee ein Rätsel aufgeben würde. Schließlid gibt es in dieser Region kein Gewässer, auf das der Name zurück zuführen wäre. Doch im Publikum befand sich eine Frau, die ihm weiterhelfen konnte und ihn darau hinwies, dass ein Teil des Orts Pasee bei der Schneeschmelze zeitweise überschwemmt wird und sich ein kleiner See bildet. "Pa" bedeutet im Bayerischen Gewohnheit oder auch schlechte Gewohnheit'. Man konnte aus diesen Informationen also folgern dass der Name Pasee auf ein Gewässer zurückzuführen ist, das: sich gewohnheitsmäßig bei der Schneeschmelze bildet und dann wieder weg ist", freut sich. Wolf Armin von Reitzenstein über sein neustes Forschungsergebnis und fügt hinzu: "Die Informationen von Leuten, die in den Orten wohnen, sind sehr wichtig für meint Forschung." Daher ist er sich auch nicht zu schade, beispielsweise in einen Kuhstall zu gehen und der Bauer dort nach Informationen zt fragen, wie er es bei der Erforschung des Ortsnamens Peiß (bei München) tat.
Zudem kommen dem pensionierten Gymnasiallehrer noch seine Kenntnisse in vielen Sprachen zu Gute. Neben Griechisch, Latein Deutsch, Englisch und Französisch beschäftigte er sich außerdem mit slawischen Sprachen und dem Keltischen. Bei der Erforschung bayerischer Ortsnamen sind außerdem die Beherrschung des Mundart und Kenntnisse über deren ältere Formen unabkömmlich. So sei zum Beispiel des Name Eichhofen (Lkr. Ebersberg) nicht von des Eiche herzuleiten, sondern vielmehr von den Personennamen "Icho". Der Name Aichach lässt sich dagegen mittels der bairischer Mundartform "Oacha" erklären.
Sein Wissen über Namen gibt Wolf-Armin von Reitzenstein auch gerne an Wissbegierige weiter. So unterrichtet er seit 1972 Namenkunde an der Ludwig-Maximilian-Universität in München, wo sowohl junge Studenten als auch Senioren seine Lehrveranstaltungen besuchen. "Ich mache gerade das 77. Semester in Folge", erklärt von Reitzenstein stolz. "Ich muss mir auch immer wieder etwas Neues für meine Lehrveranstaltungen ausdenken, damit sich die Themen nicht zu häufig wiederholen. Es gibt schließlich auch Leute, die schon sehr lange zu mir kommen, und denen muss man natürlich immer wieder etwas Neues bieten."Bei etwa 40000 Siedlungsnamen und fünf Millionen Flurnamen in Bayern, dürften dem Namenforscher die Themen für künftige Lehrveranstaltungen jedoch noch nicht so schnell ausgehen.
Zudem bekommt Wolf-Armin von Reitzenstein laufend Anfragen zur Erforschung von Namen, denen er sich gegen eine kleine Aufwandsentschädigung gerne annimmt. Schließlich ist jeder Name eine neue Herausforderung für den 70-Jährigen. Und so kommen Privatleute, Unternehmen oder sogar Gemeinden auf den Namenforscher zu, um sich von dem Experten über die Herkunft und Bedeutung verschiedenster Namen aufklären zu lassen.
In den allermeisten Fällen gelingt es dem unermüdlichen Wissenschaftler, herauszufinden, wie die jeweiligen Namen entstanden sind. Seine Erkenntnisse veröffentlichte er bereits in mehreren Büchern, Aufsätzen sowie in den "Blättern für oberdeutsche Namenforschung", deren Herausgeber Wolf-Armin von Reitzenstein ist. In seinem "Lexikon bayerischer Ortsnamen" sowie im jüngst erschienenen "Lexikon fränkischer Ortsnamen" (siehe auch Rubrik "Unser aktuelles Bücherbrett") kann man zudem den Ursprung oberbayerischer, niederbayerischer und oberpfälzer Ortsnamen beziehungsweise jener in Mittel-, Ober- und Unterfranken nachlesen. Am schwäbischen Lexikon arbeitet der Namenforscher gerade.
Schweinersdorf entstand aus Frauennamen
In seinen Lexika kann man sich übrigens auch davon überzeugen, dass in Schweinersdorf keineswegs Unmengen von Schweinefleisch verzehrt wurden. Vielmehr ist der Name des Ortsteils der oberbayerischen Gemeinde Wang auf eine Frau namens Swanahilt zurückzuführen, der das Dorf um das fahr 900 gehörte. Aus dem ursprünglichen Namen Swanahiltadorf entwickelte sich dann im Laufe der Jahrhunderte der oftmals fehlgedeutete Name Schweinersdorf.
Auch in Kasing wurde natürlich nicht übermäßig viel Käse produziert, wie der bayerische Begriff "Kas" annehmen lässt. Dem Namen des Pfarrdorfs in der Gemeinde Kösching liegt laut Wolf-Armin von Reitzenstein der römische Personenname Carsius zugrunde.
Ein besonderes Rätsel gab von Reitzenstein zunächst der Ortsname Brodfurth auf. Was hatte das Brot mit der Furt, also dem Weg durch das Wasser zu tun? Sein erster Belegfund, nämlich der frühere Name Brodmalchenfurth, half zunächst auch nicht weiter: "Das Wort Malche bedeutet Tasche, also ergab sich 'Brodtaschenfurth', das war für mich eine sehr merkwürdige Sache", erinnert sich der- Namenforscher. Schließlich kam er in Zusammenhang mit den Orten Schwertfurt und Deixlfurt darauf, dass die Namen wohl die Wasserhöhe eines Flusses am jeweiligen Ort beschreibt. So umschreibt der seltsam anmutende Name Brodfurth lediglich die Wasserhöhe, eine Furt, in der das Wasser bis knapp unter die Brottasche - die ja nicht nass werden durfte - reichte.
Irgendwie findet er sie alle heraus, die Bedeutungen und Herkunft der vielen verschiedenen Ortsnamen in Bayern und darüber hinaus - ob im Kuhstall oder im Archiv - und wenn es Wochen und Monate dauert. Es ist nunmal die Berufung, die große Leidenschaft von Wolf-Armin von Reitzenstein. Doch neben all der Arbeit hat der Namenforscher natürlich auch noch ein Privatleben, in dem bis heute Ausflüge in die Berge nicht fehlen dürfen - dorthin, wo alles begann. Simone Kainhuber
Namenforschung als Berufung Alles fing damit an, dass Wolf-Armin von Reitzenstein in jungen Jahren häufig mit zwei Freunden auf die Berge ging. Einer seiner Freunde war Apotheker und kannte jede Blume, die am Wegesrand wuchs. Der andere Freund kannte sich sehr gut mit Gesteinsarten aus und erzählte seinen Begleitern so manches über Kalkstein oder Quarz. "Eine Schande, dass ich als Philologe und Historiker nichts dergleichen beitragen kann", dachte sich der Dritte im Bunde, Wolf-Armin von Reitzenstein. Also begann er, sich mit Bergnamen zu beschäftigen, die Bedeutung und Herkunft von Namen wie "Watzmann" oder "Zugspitze" zu erforschen, damit er künftig auch etwas zu den lehrreichen Bergwanderungen mit seinen Freuden beitragen konnte.
' Doch bei seinen Namenforschungen für die Bergwanderungen blieb es nicht. Es entwickelte sich daraus eine Leidenschaft, ja eine Berufung, die Wolf-Armin von Reitzenstein sein ganzes Leben lang begleiten sollte. Bei zwei Professoren in München und Innsbruck lernte er und informierte sich über Namenkunde. Neben Klassischer Philologie, Geschichte und Germanistik studierte er Ortsnamenkunde an der Universität München und auch neben seinem Beruf als Gymnasiallehrer beschäftigte sich der heute 70-Jährige in jeder freien Minute mit der Erforschung der Herkunft und Bedeutung von Orts-, Flur-, Bergund Gewässernamen.
Betritt man heute sein Arbeitszimmer in seinem Haus im Münchner Stadtteil Neuhausen, so sieht man zunächst mal nur eines: unzählige Bücher zum Thema Namenforschung, feinsäuberlich sortiert in Wandregalen, die bis unter die Decke reichen. Wird Wolf-Armin von Reitzenstein nach der Bedeutung eines Namens gefragt, so geht er gezielt zu einem der Regale und zieht - ohne suchen zu müssen - das richtige Buch zur Frage heraus. Oder er macht sich an zwei kleinen Kästen mit Schubläden zu schaffen, in denen er sein Allerheiligstes aufbewahrt: Eine Kartei mit etwa 20000 alphabetisch sortierten Ortsnamen, die er über die Jahre selbst anfertigte. Auf jeder Karteikarte stehen handschriftlich durchschnittlich fünf Belege für die Herkunft und die Bedeutung des jeweiligen Namens geschrieben, das macht in Summe etwa 100 000 Ortsnämenbelege, die der Namenforscher im Laufe der Jahrzehnte sammelte und festhielt. "Diese Kartei ist mir sehr wichtig. Wenn es bei uns brennen würde, wäre ihre Rettung das Wichtigste", meint von Reitzenstein. Ein Blick in die Kartei gibt nur einen kleinen Eindruck davon, wieviel Arbeit hinter der Forschung des Münchners stecken muss. "Die zeitraubendste Arbeit ist die Recherche nach den alten Formen der Namen", erklärt er. "90 Prozent meiner Forschungsarbeitszeit verwende ich auf die Suche nach Belegen." Dafür verbringt er unglaublich viel Zeit in Archiven, wo er über Büchern und Urkunden sitzt und deren Inhalt auf zum Teil nur kleinste Informationen über einen Ortsnamen untersucht. "Manchmal vergehen drei Wochen Recherche, bis ich nur zwei hilfreiche Zeilen in einer Urkund ausfindig gemacht habe", so der Namenforscher. "Das ist dann schon sehr mühsam uni zeitintensiv." Der Lohn für diese aufwändig Arbeit ist dem ehemaligen Lateinlehrer zufolg das "ins primae noctis", das Recht der erste Nacht. "Wenn man einen Namen entdeckt den niemand vorher zur Erklärung gebracht hat, oder man jemanden findet, der erkläre kann, wie ein Name entstanden ist, dann sing das Momente, die mir unheimlich viel Auftrieb geben."
Gespräch mit den Leuten ist wichtig Einen dieser Momente durfte er zum Beispiel kürzlich bei einem Vortrag in der oben bayerischen Gemeinde Palling erleben. Von Reitzenstein erklärte dort, das ihm der Name des sich ganz in de Nähe befindlichen Orts Pasee ein Rätsel aufgeben würde. Schließlid gibt es in dieser Region kein Gewässer, auf das der Name zurück zuführen wäre. Doch im Publikum befand sich eine Frau, die ihm weiterhelfen konnte und ihn darau hinwies, dass ein Teil des Orts Pasee bei der Schneeschmelze zeitweise überschwemmt wird und sich ein kleiner See bildet. "Pa" bedeutet im Bayerischen Gewohnheit oder auch schlechte Gewohnheit'. Man konnte aus diesen Informationen also folgern dass der Name Pasee auf ein Gewässer zurückzuführen ist, das: sich gewohnheitsmäßig bei der Schneeschmelze bildet und dann wieder weg ist", freut sich. Wolf Armin von Reitzenstein über sein neustes Forschungsergebnis und fügt hinzu: "Die Informationen von Leuten, die in den Orten wohnen, sind sehr wichtig für meint Forschung." Daher ist er sich auch nicht zu schade, beispielsweise in einen Kuhstall zu gehen und der Bauer dort nach Informationen zt fragen, wie er es bei der Erforschung des Ortsnamens Peiß (bei München) tat.
Zudem kommen dem pensionierten Gymnasiallehrer noch seine Kenntnisse in vielen Sprachen zu Gute. Neben Griechisch, Latein Deutsch, Englisch und Französisch beschäftigte er sich außerdem mit slawischen Sprachen und dem Keltischen. Bei der Erforschung bayerischer Ortsnamen sind außerdem die Beherrschung des Mundart und Kenntnisse über deren ältere Formen unabkömmlich. So sei zum Beispiel des Name Eichhofen (Lkr. Ebersberg) nicht von des Eiche herzuleiten, sondern vielmehr von den Personennamen "Icho". Der Name Aichach lässt sich dagegen mittels der bairischer Mundartform "Oacha" erklären.
Sein Wissen über Namen gibt Wolf-Armin von Reitzenstein auch gerne an Wissbegierige weiter. So unterrichtet er seit 1972 Namenkunde an der Ludwig-Maximilian-Universität in München, wo sowohl junge Studenten als auch Senioren seine Lehrveranstaltungen besuchen. "Ich mache gerade das 77. Semester in Folge", erklärt von Reitzenstein stolz. "Ich muss mir auch immer wieder etwas Neues für meine Lehrveranstaltungen ausdenken, damit sich die Themen nicht zu häufig wiederholen. Es gibt schließlich auch Leute, die schon sehr lange zu mir kommen, und denen muss man natürlich immer wieder etwas Neues bieten."Bei etwa 40000 Siedlungsnamen und fünf Millionen Flurnamen in Bayern, dürften dem Namenforscher die Themen für künftige Lehrveranstaltungen jedoch noch nicht so schnell ausgehen.
Zudem bekommt Wolf-Armin von Reitzenstein laufend Anfragen zur Erforschung von Namen, denen er sich gegen eine kleine Aufwandsentschädigung gerne annimmt. Schließlich ist jeder Name eine neue Herausforderung für den 70-Jährigen. Und so kommen Privatleute, Unternehmen oder sogar Gemeinden auf den Namenforscher zu, um sich von dem Experten über die Herkunft und Bedeutung verschiedenster Namen aufklären zu lassen.
In den allermeisten Fällen gelingt es dem unermüdlichen Wissenschaftler, herauszufinden, wie die jeweiligen Namen entstanden sind. Seine Erkenntnisse veröffentlichte er bereits in mehreren Büchern, Aufsätzen sowie in den "Blättern für oberdeutsche Namenforschung", deren Herausgeber Wolf-Armin von Reitzenstein ist. In seinem "Lexikon bayerischer Ortsnamen" sowie im jüngst erschienenen "Lexikon fränkischer Ortsnamen" (siehe auch Rubrik "Unser aktuelles Bücherbrett") kann man zudem den Ursprung oberbayerischer, niederbayerischer und oberpfälzer Ortsnamen beziehungsweise jener in Mittel-, Ober- und Unterfranken nachlesen. Am schwäbischen Lexikon arbeitet der Namenforscher gerade.
Schweinersdorf entstand aus Frauennamen In seinen Lexika kann man sich übrigens auch davon überzeugen, dass in Schweinersdorf keineswegs Unmengen von Schweinefleisch verzehrt wurden. Vielmehr ist der Name des Ortsteils der oberbayerischen Gemeinde Wang auf eine Frau namens Swanahilt zurückzuführen, der das Dorf um das fahr 900 gehörte. Aus dem ursprünglichen Namen Swanahiltadorf entwickelte sich dann im Laufe der Jahrhunderte der oftmals fehlgedeutete Name Schweinersdorf.
Auch in Kasing wurde natürlich nicht übermäßig viel Käse produziert, wie der bayerische Begriff "Kas" annehmen lässt. Dem Namen des Pfarrdorfs in der Gemeinde Kösching liegt laut Wolf-Armin von Reitzenstein der römische Personenname Carsius zugrunde.
Ein besonderes Rätsel gab von Reitzenstein zunächst der Ortsname Brodfurth auf. Was hatte das Brot mit der Furt, also dem Weg durch das Wasser zu tun? Sein erster Belegfund, nämlich der frühere Name Brodmalchenfurth, half zunächst auch nicht weiter: "Das Wort Malche bedeutet Tasche, also ergab sich 'Brodtaschenfurth', das war für mich eine sehr merkwürdige Sache", erinnert sich der- Namenforscher. Schließlich kam er in Zusammenhang mit den Orten Schwertfurt und Deixlfurt darauf, dass die Namen wohl die Wasserhöhe eines Flusses am jeweiligen Ort beschreibt. So umschreibt der seltsam anmutende Name Brodfurth lediglich die Wasserhöhe, eine Furt, in der das Wasser bis knapp unter die Brottasche - die ja nicht nass werden durfte - reichte.
Irgendwie findet er sie alle heraus, die Bedeutungen und Herkunft der vielen verschiedenen Ortsnamen in Bayern und darüber hinaus - ob im Kuhstall oder im Archiv - und wenn es Wochen und Monate dauert. Es ist nunmal die Berufung, die große Leidenschaft von Wolf-Armin von Reitzenstein. Doch neben all der Arbeit hat der Namenforscher natürlich auch noch ein Privatleben, in dem bis heute Ausflüge in die Berge nicht fehlen dürfen - dorthin, wo alles begann. Simone Kainhuber